
Casanova
„Um mein Temperament zu befriedigen, brauche ich keine Frau – denn die findet man überall; aber ich brauche eine, um sie zu lieben.“
Das TiG entdeckt in seiner Bearbeitung Casanova, den Schriftsteller und Philosophen, neu und blickt hinter das scheinbar ewig lüsterne Image des großen Liebhabers des 18. Jahrhunderts. Seine ab 1790 verfassten Memoiren „Geschichte meines Lebens“ faszinieren noch immer. Das TiG greift die Themen seiner Memoiren auf und schafft mit seiner Bearbeitung eine zeitgemäße Annäherung an dass unerklärliche Phänomen, an den Frauenverehrer, der sich so für eine Liebschaft begeistern konnte, dass er wirklich glaubte, seine Angebetete zu lieben. Und diese Angebetete schien nicht Opfer, sondern Beteiligte an einem Komplott gegen moralische Engstirnigkeit und gesellschaftliche Bigotterie.
Aus den berüchtigten Bleikammern seiner Heimatstadt Venedig entkam er und nach Reisen durch ganz Europa fand er schließlich auf einem böhmischen Schloss seinen Alterssitz.
Das Stück zeigt den alten Casanova an seinen Memoiren schreibend. Und noch einmal durchlebt er dabei Begegnungen voller Liebe, Sehnsucht und Leidenschaft mit den unterschiedlichsten Frauen, und muss sich dabei auch seiner Angst, seinem Leben, stellen.
Eine berührende, eine komische, eine tragische Lebensgeschichte, die im Herzen des Gärtnerviertels zur Aufführung kommt. In der Großzügigkeit des Innenhofes der Gärtnerei Niedermaier kann sich das Lebens- und Liebesgeflecht Casanovas entfalten und seine Blüten treiben.
Es spielen:
Stephan Bach, Benjamin Bochmann, Ursula Gumbsch, Olga Seehafer
Musik: Jakob Fischer
Inszenierung: Heidi Lehnert
Bühnenbild: Innenhof der Gärtnerei Niedermaier
Spielort
Innenhof Gärtnerei Niedermaier, Mittelstraße 42
Pressestimmen
Viel erotischer Spaß im Beet – Rudolf Görtler, 2.7.2015
Das „Theater im Gärtnerviertel“ hat mit der jüngsten Produktion buchstäblich seine Wurzeln aufgesucht. Vor dem Gewächshaus beobachten wir Leben und Treiben des Casanova.
War Casanova ein Don Juan? Keinesfalls, unterstellt die liebenswürdige Interpretation, die Heidi Lehnert und Nina Lorenz aus einem mehrtausendseitigen Textkonvolut destilliert haben.
…
Regisseurin Heidi Lehnert entschied sich für einen zweigeteilten Titelhelden, und sie hat gut getan daran. Benjamin Bochmann spielt den jungen, feurigen, von unbändiger Lebenslust erfüllten Casanova, Stephan Bach den alten, dem die Knochen knirschen und der wehmütig den in der Blüte seines Lebens vollbrachten Tollheiten nachtrauert – sofern er das noch kann: „Einst war ich von ihnen besessen und nun hab´ich sie fast alle vergessen“, klagt der wie immer großartige Bach.
…
Olga Seehafer und Ursula Gumbsch spielen alternierend und zusammen die vielen Gespielinnen des Homme à Femmes, Seehafer u.a. Henriette, Liebe seines Lebens – diese Episode war etwas zu breit ausgewalzt – , die andere eine Gärtnerstochter, die mit unwiderstehlichem Charme und urkomisch zum Beispiel die Gretchenfrage im Bamberger Dialekt formulierte.
Jakob Fischer zupfte und schlug auf der Gitarre parallel zur Handlung virtuos musikalische Marginalien, und hübsche Regieeinfälle wie der sich hinter der Bordwand keusch entkleidende Casanova steigern das Vergnügen. Wie überhaupt die Erotik dezent und jugendfrei inszeniert wird, für alle geeignet. Ein Theaterstück, das auf überambitionierte Manierismen verzichtet, aber mit Liebe und Hingabe gemacht ist.